FohlenRadio – und Magenta Sport – Kommentator Christian „Strassi“ Straßburger ist nicht nur ein begnadeter Sänger, sondern zweifelsfrei auch eine Bereicherung für unsere Branche. Im exklusiven kommentatorenblog-Interview sprechen wir über berufliche Idole, die intensiven Anfänge seines Sportreporter-Daseins und seine Aufgabenfelder bei Borussia M´Gladbach/Magenta Sport. Außerdem kritisiert er den Umgang von Sky und DAZN mit deren Übertragungsrechten und erzählt uns von seinem beruflichen Traum.
kommentatorenblog: Christian, wie alt bist du eigentlich?
Christian Straßburger: Hast du das nicht herausgefunden?
Ich habe jetzt nicht intensiv nachgeschaut.
Ich bin zarte 30 Jahre jung. Da gilt man noch als Newcomer, oder?
Musst du sagen, du hast ja beruflich schon vieles hinter dir.
„Ich möchte Bundesliga-Sportreporter werden und einmal Bundesligaspiele kommentieren. Das ist mein Ziel!“ Zwei Sätze, die man in einem Online-Profil von dir findet. Kommentiere diesen Wunsch mal, aber bitte nur kurz.
Ich habe den Satz irgendwann mal dahin geschrieben. Ist aber ernst gemeint. Ich würde gerne mal für eine Fernsehanstalt Bundesligaspiele kommentieren.
Streamingdienst wäre auch okay?
Achso, ja klar (schmunzelt).
Wer Bundesligaspiele kommentieren will, hat bestimmt auch ein Idol, oder?
Viele Kollegen erzählen immer, dass sie früher mal ein Idol hatten – mittlerweile aber nicht mehr. Bei mir liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Natürlich gibt es Sensationsgrößen wie Béla Réthy. Ich finde, dass man ihn an dieser Stelle einfach nennen muss. Er hat eine tolle Stimme und prägt die Ära der letzten Jahrzehnte.
Oder auch Wolff Fuss, der bei Sky einen überragenden Job macht.
Ulli Potofski würde ich auch nennen, der mir persönlich viel hilft und geholfen hat. Ulli ist einfach eine absolute Legende. Er hat schon so viel erlebt und wir wissen gar nicht, was er alles schon erlebt hat. Wenn er einem dann etwas erzählt, was ihm gerade einfällt, da kommen wahnsinnige Geschichten bei raus. Von Ulli kann man schlichtweg nur lernen.
Zu guter letzt noch Matthias Opdenhövel. Er ist zwar kein Kommentator, aber er macht das als Sportreporter genauso, wie ich mir das vorstellen könnte. „Opdi“ nimmt den Fußballsport ernst, aber nicht zu ernst. Er bringt auch mal Spaß in eine Übertragung. Letztens haben wir für Borussia M´Gladbach zusammen auch einen Podcast gemacht und ich konnte erstmals ausführlich mit ihm sprechen.
Ich habe es mir zur Vorbereitung auf unser Gespräch angehört. Ihr habt ja über zwei Stunden miteinander gesprochen.
Ja, und wir hätten auch noch länger miteinander sprechen können. Zurück zum Idol-Gedanken. Ich würde es so formulieren: Ich backe mir jetzt zur Weihnachtszeit ein Idol aus der Mischung Potofski/Opdenhövel zusammen.
Diese Mischung akzeptieren wir. Ich starten jetzt mal mit deinem Studium. Du hast in Bonn Digitale Kommunikation und Medien studiert. Erfolgreich?
Ich habe klassisch für einen Sportreporter das Studium abgebrochen. Kinder und Studenten, die das lesen: Bitte das Studium beenden. Ich habe bereits während des Studiums Praktika gemacht – quasi versucht an der Front Erfahrungen zu sammeln und nicht irgendwo in einem Hörsaal. Das war einfach nichts für mich. In der Zeit habe ich dann auch bei Rot-Weiß Oberhausen angefangen.
RWO ist ein gutes Stichwort. Wie ist das ganze Projekt entstanden?
Ich habe zusammen mit einem Freund einige Stadien in der Region besucht. Wir waren dann mal bei Rot-Weiß Oberhausen gegen Alemannia Aachen. Es war arschkalt, aber es war Fußball. Es hat nach Bratwurst und Bier gerochen. Als ich zuhause war, habe ich sofort im Internet nachgeschaut, was die in Sachen Social Media, Fan-TV etc. haben. Und die hatten nichts. Noch in der selben Nacht habe ich eine E-Mail an Fabian Weitkämper, den damaligen Medienverantwortlichen bei RWO, geschrieben. Ich fragte ihn, ob der Verein nicht Lust hätte, dass wir einen YouTube-Kanal mit Interviews, Berichten, Stimmen nach dem Spiel ins Leben rufen. Die Rückmeldung war positiv. Wir haben uns getroffen und wenige Tage später habe ich zusammen mit Max Gregorius (Anm. d. Red.: aktueller Leiter Marketing & Sponsoring bei Oberhausen und RWO.fm – Reporter) den Kanal eröffnet. Nach den Spielen haben wir immer mit den Spielern und Trainern, beispielsweise Mario Basler, gesprochen. Das Ganze habe ich dann eine Zeit lang gemacht – zwischendurch war ich auch als Stadionsprecher aktiv. Als Fabian Weitkämper zum VfL Bochum wechselte, wurde ich gefragt, ob ich nicht als fester Mitarbeiter in die Geschäftsstelle von RWO kommen möchte. Den Job des Medienverantwortlichen habe ich dann noch über ein Jahr ausgeübt.
Und so hat sich Christian bei RWO.tv geschlagen.
Ein Blick auf deinen Lebenslauf verrät zu dieser Zeit auch, dass du vieles gleichzeitig gemacht hat. In deiner Zeit als Stadionsprecher warst du beispielsweise zeitgleich Praktikant bei Sky. Bist du dann am Wochenende nach Hause geflogen oder wie lief diese Zeit ab?
Ich habe ja, wie bereits erwähnt, das Studium abgebrochen – also musste ich andere Dinge machen. Du brauchst praktische Erfahrungen, um die Leute zu überzeugen. Das Ganze war für mich nie Arbeit. Das hat einfach Spaß gemacht. Das Praktikum bei Sky war enorm wichtig. Ich habe viele tolle Leute kennengelernt und konnte da mal „ranschmecken“ an das Geschäft. Ich traf beispielsweise zum ersten Mal auf Fritz von Turn und Taxis, der sich damals auch eine DVD von mir angehört hat. Ein Freitagabendspiel aus der Box, Schalke gegen Hannover, habe ich kommentiert. Das Feedback war nicht nur positiv. Turn und Taxis hat mit einfach aufgezeigt, woran ich noch arbeiten muss.
Bei einigen Heimspielen habe ich pausiert. Bei wichtigen Heimspielen bin ich am Wochenende auch schon mal aus München angereist, um ein Spiel als Stadionsprecher zu begleiten.
Apropos Sky. Du warst ja auch mal Gast bei Sky90!
Bei Sky90 gab es damals einen Aufruf ein Bewerbungsvideo hinzuschicken. Das habe ich getan und wurde dann zu einem Casting mit vier anderen Teilnehmern eingeladen.Wir haben zunächst eine Probesendung gemacht. Das Verrückte dabei war einfach, dass diese Castingsendung tatsächlich von Patrick Wasserziehr moderiert worden ist. Das war schon sensationell. Ebenso wie das Treffen mit Franz Beckenbauer, den ich hinter den Kulissen getroffen hatte. Ein paar Tage später wurde ich von Tibor Szilasi (Anm. d. Red: ehemaliger Senior Editor Sky90, heute: Head of Handball bei Sky) angerufen. Tibor hat mich dann gefragt, ob ich am kommenden Sonntag Zeit habe, als Gast bei Sky90 dabei zu sein. Das war der absolute Wahnsinn für mich, weil ich wusste, dass ich jetzt einfach bei dieser Talkrunde live im Fernsehen dabei sein werde. Zu dem Zeitpunkt wusste ich aber noch nicht, wer die anderen Gäste waren. Ich wusste nur, dass die Sendung nach einem Gladbachspiel laufen würde. Thematisch für mich natürlich überragend. Ja, und dann saß ich dort mit Michael Zorc, Christoph Metzelder und Matthias Brüggelmann. Das Feedback nach der Sendung war auch positiv und der Rest ist Geschichte (lacht).
Und Fankommentator von Sky und SportBild bist du auch gewesen.
Ich wurde damals in der Sportbild ausgewählt, um das Topspiel Fortuna Düsseldorf gegen Borussia Dortmund im Stadion zu kommentieren. Es wurde natürlich nicht live ausgestrahlt, aber alle waren sie da – Kai Dittmann, Sebastian Hellmann, Lothar Matthäus, Jan Aage Fjörtoft und Christoph Daum. Und ich durfte unter professionellen Bedingungen dieses Spiel kommentieren. Kurz vor dem Spiel habe ich einfach nur gedacht: Geil!. Und eine Sache kannst du mir glauben: In meinem Leben war ich bis heute noch nie so gut auf ein Spiel vorbereitet. Ich wusste alles. Ich h
atte alles in der Hand. Und am Spieltag habe ich noch zusätzlich die Informationen von Opta (Anm. d. Red: Sportdatenanbieter) bekommen. Die Existenz dieses Dienstleisters war mir bis dahin noch gar nicht bewusst. Ich hätte über jeden Spieler ein paar Minuten sprechen können. Während der Partie merkst du dann, dass du das alles gar nicht brauchst.
Dennoch war es überragendes Erlebnis, ebenso wie die Moderation der Bundesliga Aktuell Sendung mit Oliver Schwesinger. Hier habe ich mich auch mit einem Video beworben und am Ende war ich der glückliche Gewinner. Als ich beim DSF (Anm. d. Red.: heute Sport1) ankam, ging es direkt zur Redaktionskonferenz. Kurze Zeit später hieß es: So jetzt beginnt die Live-Sendung. Du sitzt hier, diesen Knopf steckst du dir bitte ins Ohr und der Oli Schwesinger holt dich dann mal in die Sendung rein. Diese zwei Sachen sagst du auf jeden Fall, der Rest ergibt sich mehr oder weniger spontan. Das rote Licht ging an und die Sendung los. Das war der Moment, wo ich gemerkt habe, dass ich einfach nur Spaß und überhaupt keine Aufregung verspüre – einfach nur Freude. Das ist das, was ich kann. Dafür hat der liebe Gott mich quasi auf die Welt geschickt. Ein Talent, das ich benutzen soll, aber an dem ich noch viel arbeiten muss. Nach der Sendung kamen die Verantwortlichen auf mich zu und meinten: Christian, wir würden dich sofort als Moderator einstellen, aber leider bist du keine Frau.
Das lass ich mal so stehen. Du hast in dieser Zeit zwischen 2011 und 2016 wirklich viel erlebt. Was war das Highlight in dieser Zeit?
Der Fankommentar war vielleicht das Highlight. Besondere Erinnerungen habe ich aber vor allem an RWO.fm, also das Fanradio, dass ich aus der Taufe gehoben habe. In jedem Stadion habe ich die Spiele von Oberhausen, immer mit einem Co-Kommentator an meiner Seite, kommentiert. Wir waren damals die einzigen in der Regionalliga-West. Das war richtig geil. Das hat richtig Spaß gemacht. Das war kein Casting, kein Gewinnspiel, sondern das war Arbeit. Dafür wurde ich bezahlt. Das habe ich erfunden. Es war mein eigenes Projekt. Und die Leute wollten, dass ja hören, weil sie Fans von RWO sind. Bei den Übertragungen konnte ich einfach alles lernen, insbesondere die Live-Situation. Sieg, Unentschieden oder Niederlage.Wie geht man mit dem jeweiligen Ausgang als Kommentator um? Danach noch unten am Spielfeldrand Interviews führen, etc.. Das hat mir extrem viel gebracht.
Du hast dich ja kontiniuierlich weiterentwickelt. Im Rahmen deines Aufritts bei Sky90 hast du bereits erzählt, dass du Gladbachfan bist. Wie bist du eigentlich Gladbach-Fan geworden?
Mein erstes Fußballspiel, welche ich live im Fernsehen verfolgt habe, war das Champions League – Finale 1997 zwischen Borussia Dortmund und Juventus Turin. Von dieser Zeit gibt es auch ein Foto, wie ich mal an Weihnachten ganz stolz eine Federmappe vom BVB hochhalte, die mir geschenkt wurde.
Das klingt doch schonmal nach einem guten Anfang.
Ja (schmunzelt), aber damals hatte ich noch keine Ahnung von Fußball. Die Gemengelage mit dem Champions League-Triumph hat dieses Foto erst möglich gemacht. Ich glaube sogar, dass es BVB-Bettwäsche gab (lacht).
Als Kind habe ich mich aber viel mehr für Formel1 interessiert. Ich habe immer noch die Situation im Kopf, wie eine Nachbarin bei uns klingelt. Meiner Mutter öffnete ihr die Tür, die Frau sah mich vor dem Fernseher und fragte, ob ich Fußball schaue. Meine Mutter erwiderte nur, dass ich mich nicht für Fußball interessiere. Ich würde nur Formel1 schauen.
Im Alter von ca. 10 Jahren sind wir dann nach Mönchengladbach gezogen. Mit meiner Schulklasse war ich das erste Mal auf dem Bökelberg. Das hat mich so gepackt. Das Tor für Mönchengladbach ist gefallen und ich bin irgendwie mit meinen Freunden im Arm sieben Treppen runtergefallen. Ab dem Zeitpunkt war ich infiziert. Ich habe dann noch so einen Fußball gefangen, den die da ins Publikum geschossen haben. Da war noch ein Kleber von Jever drauf, den man für einen Preis an der Geschäftsstelle einlösen konnte. Da habe ich so einen riesigen Jever-Strandkorb gewonnen, den ich irgendwie im Shuttle Bus mit nach Hause genommen habe. Ein halbes Jahr habe ich da jeden Tag drauf gesessen, bis er irgendwann kaputt gegangen ist. Ich war total fasziniert von Borussia Mönchengladbach und habe den Verein von da an geliebt, obwohl die zu dieser Zeit sich absoluten Dreck zusammengespielt haben. Fußballerisch war die Zeit eine einzige Katastrophe.
Anfang 2017 ist für dich also ein Traum in Erfüllung gegangen – FohlenRadio Kommentator / FohlenPodcast Host / Redakteur Social Media. Offiziel seit Juli, 2019 bist du auch Social Media Manager bei Borussia M´Gladbach.
Auf jeden Fall ist hier ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen. Im Zeitraum, indem ich bei RWO auf der Geschäftsstelle gearbeitet habe, waren auch geile Sachen dabei. Stichwörter: Ibrahimovic und das Mediencho. Ich hatte auch bereits einige Anfragen aus der 2.Liga. Teils fehlte hier der Reiz. Zudem wollte ich auch meine Heimat nicht verlassen. Irgendwann kam die Anfrage von Borussia M´Gladbach und wir haben über das FohlenRadio gesprochen. Ich erzählte, dass ich das Projekt eins zu eins so gestalten will, wie RWO.fm. Bedingung war also, dass ich niemals alleine kommentieren werde, sondern ich mir immer einen Gast suchen darf. Das FohlenRadio-Projekt war von deren Seite hier noch in der Entwicklungsphase. Ein paar Monate später wurde ich dann gefragt, ob ich es machen will. Innerhalb eines Monats musste ich dann alles umschmeißen. Borussia M´Gladbach wollte mich „nur“ als Kommentator verpflichten. Da ich ja das Studium abgebrochen hatte, habe ich ein Volontariat in der Geschäftsstelle gemacht. Wenn ich mal Kinder habe, möchte ich denen erzählen, dass es wichtig ist, Dinge abzuschließen. Das Volontariat war mir extrem wichtig und ich bin glücklich, dass ich jetzt ausgebildeter Redakteur bin. In der Zeit hat sich das Aufgabenfeld über die alltägliche Volontärsarbeit und das FohlenRadio noch erweitert. Der FohlenPodcast, die FohlenHeimspielshow oder auch die FohlenStories kamen hinzu.
Zum FohlenRadio. Du kommentierst jedes Spiel von Borussia M´Gladbach live aus dem jeweiligen Stadion, oder?
Ich kommentiere jetzt seit fast drei Jahren jedes Pflichtspiel von Borussia M´Gladbach von vor Ort. Nur ein Spiel in Stuttgart habe ich verpasst, weil ich den Blinddarm rausoperiert bekommen habe. Unser Stadionsprecher Thorsten „Knippe“ Knippertz hat mich vertreten.
Ansehnliche Quote. Trainigslager und Testspiele begleitest du ja ebenfalls.
Zuletzt hat es dich an die Spitze der 1-Live O-Ton Charts gespült. Du und der ehemalige Gladbachspieler Eugen Polanski seid beim Siegtreffer von Marcus Thuram in der Nachspielzeit der Euro League Partie gegen den AS Rom komplett steil gegangen. Vielleicht das Highlight deiner Laufbahn beim FohlenRadio?
Der Siegtreffer von Marcus Thuram war ohne Frage ein emotionaler Höhenpunkt inklusive Platz 1 der 1-Live O-Ton Charts. Eugen und ich zusammen mit dem Mönchengladbacher Kult-Fan auf den ersten beiden Plätzen. Auch das Medienecho war der absolute Wahnsinn. Letztes Wochenende beim Siegtreffer von Bensebaini konnten wir uns im FohlenRadio auch nicht mehr zurückhalten.
Persönliches Highlight war vielleicht der Kommentar des Auswärtsspiels in Mainz zusammen mit Dieter Kürten. Eine absolute Koryphäe, die sich komplett auf das FohlenRadio eingelassen hat und mir auch wertvolles Feedback gegeben hat. Ich hatte vier oder fünf Tage später Geburtstag, zudem er mir auch noch per SMS gratuliert hat, weil er sich das gemerkt hatte.
Aber auch zusammen mit Fritz von Thurn und Taxis, Wolf-Dieter Poschmann, Dunja Hayali und vielen weiteren habe ich kommentiert – viele Highlights. In Freiburg habe ich sogar mit dem Skispringer Martin Schmitt am Mikro gesessen.
Wie gehst du denn bei der Auswahl deiner Co-Kommentatoren vor?
Grundsätzlich läuft die Gastwahl auf meinen Mist. Ich schaue immer, wer fußballinteressiert ist, eventuell sogar Gladbach-Fan. Das ist aber keine Voraussetzung. Bislang hat mir auch nur eine Person abgesagt, die mittlerweile nicht mehr so in der Öffentlichkeit stehen will. Das war die ehemalige NRW-Ministerpräsidenten Hannelore Kraft, die seit Jahrzehnten bekennender Gladbach-Fan ist. Sie hatte mich sogar persönlich angerufen, um mir das mitzuteilen. Das kann ich dann auch absolut nachvollziehen.
Hast du auch ein fußballerisches Idol? Und wenn ja: Hast du mit ihm zusammen mal ein Spiel kommentiert im FohlenRadio. Du hattest ja schließlich drei Jahre Zeit für eine Anfrage…
Oh, da trittst du bei mir offene Türen ein. Mein absolutes fußballerisches Idol ist der beste Spieler aller Zeiten: Michael Ballack.
Um Gottes Willen. Ein Schuss, ein Strich, Michael Ballack – EM 2008. Ich bin 98er Baujahr. Michael Ballack habe ich bei der WM2002 also noch nicht wahrnehmen können.
(lacht) 2002 war er mit Oliver Kahn unser bester Spieler. Im Halbfinale hat er sich ja für die Mannschaft die gelbe Karte abgeholt. Ich bin zwar kein Bayern-Fan geworden, habe den Spieler Michael Ballack aber trotzdem verehrt. Ich habe sogar mal ein öffentliches Training von Bayer 04 Leverkusen besucht, um mit dem „Capitano“ ein Foto zu machen.
Wir hatten auch schon ein paar Mal via E-Mail Kontakt bezüglich des FohlenRadios. Bis heute hat es leider noch nicht geklappt. Ich bleibe da aber dran. Michael Ballack ist für mich ein echter Held (schmunzelt).
Nächster Punkt in deiner beruflichen Karriere: Fußball-Kommentator bei Magenta Sport. Wie bist du Teil des Projekts der Telekom geworden?
Ich bin jetzt in der dritten Saison bei Magenta Sport. Seit die Telekom alle Spiele der Dritten Liga überträgt, bin ich auch mit dabei. Damals wurde von der Produktionsfirma thinXPool ein On-Air-Team für die Übertragungen zusammengestellt. Ich wurde wahrscheinlich als einer der letzten ausgewählt. Die Geschichte dahinter ist der Wahnsinn. Mehrere Gladbach-Fans, die zeitgleich auch mit einem Drittliga-Team sympathisieren, haben die Adresse der Produktionsfirma herausgefunden, um mich zu empfehlen. Das war zum Beispiel ein Fan von Preußen Münster, der wohl auch mit Gladbach sympathisiert. Daraufhin haben die Verantwortlichen sich Arbeitsproben von mir angehört. Scheinbar hat ihnen das gefallen. Wir haben uns in Mönchengladbach getroffen und am Ende des Gesprächs war ich Teil des Kommentatoren-Teams von Magenta Sport.
Passender Weise hatte ich meinen ersten Einsatz bei der Partie zwischen Preußen Münster und Werder Bremen II. Und auch hier ist der Rest Geschichte.
Auf jeden Fall. Die erste Kontaktaufnahme ging also von der Produktionsfirma und nicht von dir aus?
Ja, die erste Kontaktaufnahme kam von denen – Ich glaube per E-Mail von Albrecht Schmitt-Fleckenstein (Anm. d. Red.: ehemals ran, arena und Servus TV, jetzt Geschäftsführer bei thinXpool TV GmbH), einem der Größen des deutschen Fußball-TV-Geschäfts, oder von Jan Willers (Anm. d. Red.: Redaktion und Programmplanung fürMagenta Sport)
Ich bin natürlich vielen Menschen an dieser Stelle dankbar. Explizit jemandem zu danken, ist schwierig, weil ich nicht weiß, wer mich da alles empfohlen hat.
Ja, vielleicht starten wir hier einen Aufruf.
Ja, genau: Bitte melde dich! (lacht)
Magenta Sport ist einfach das Beste, was mir passieren konnte. Ich arbeite hier unter absoluten Profibedingungen. Bei jedem Spiel gibt es einen eigenen Übertragungswagen mit einem Regisseur und einem Leiter des Sendung. On-Air gibt es zudem einen Moderator und einen Kommentator, also ab und zu meine Wenigkeit.
Und wie bereitet sich der Fußball-Kommentator Christian Straßburger auf seine Einsätze am Wochenende vor? Wie sind die Unterschiede zwischen der Radioübertragung bei Borussia M´Gladbach und der TV-Übertragung in der 3. Liga?
Die Vorbereitung für einen Einsatz im FohlenRadio ist im Vergleich nicht so intensiv. Woran liegt das? Die Mannschaft von Gladbach muss ich quasi nicht mehr vorbereiten. Ich weiß fast alles auswendig und muss pro Spiel nur einzelne Fakten nachtragen.
Die Gegner schaue ich mir natürlich intensiver an. Dafür nehme ich mir am Freitag im Büro die Zeit. Ich hatte letztens das Interview mit Jogi Hebel gelesen, der eine digitale Datei hat und sich ja für die einzelnen Spieler Karteikarten schreibt. Das mache ich nicht. Ich bin da 100% digital unterwegs. Entweder habe ich mein Laptop oder mein Tablet dabei. Im Stadion selber schreibe ich mir die wichtigsten Sachen vor dem Anpfiff zur Sicherheit nochmal auf einen Zettel. Falls mein Laptop/Tablet aus irgendwelchen Gründen seinen Geist aufgibt, habe ich zumindest ein Fundament, aus dem ich schöpfen kann.
Hat die Technik dir in den letzten Jahren denn mal einen Streich gespielt?
Gott sei Dank ist dies bis jetzt noch nicht gespielt. Noch ein Satz zur Vorbereitung: Natürlich bereite ich mich intensiv vor – mittlerweile mache ich mich aber nicht mehr verrückt. Ich fahre zu diesem Fußballspiel hin, beispielsweise zu einer ausverkauften Partie nach Mannheim. Die Fans haben so viel Bock auf dieses Spiel, sodass ich mich auch von diesem Spiel leiten lasse. Ich mache jetzt kein Halligali und erzähle, dass vor 87 Jahren der Opa von dem auch den Pfosten getroffen hat. Das interessiert salopp gesagt keine Sau. Die Zuschauer wollen das Spiel erleben. Das mache ich auch. Ich erlebe dieses Spiel mit den Fans. Hier und da gebe ich mal ein bisschen Input. Ansonsten geht’s bei mir rein um die Emotionen. Hin und wieder schadet eine überragende Statistik der Übertragung natürlich auch nicht. Das Team erzielt ein Jokertor und ich weiß, dass die seit 37 Spielen kein Jokertor mehr erzielt haben. Diese Infomationen muss du als Kommentator haben. Ich habe diese auch immer theoretisch dabei, brauche sie aber nicht immer.
Ich halte fest: Emotionalität ist dir wichtig. FohlenRadio und Drittligaspiele kommentierst du jedes Mal live aus dem Stadion, oder?
Korrekt. Nur einzelne Vorbereitungsspiele von Mönchengladbach kommentiere ich bei den Kollegen von sportdigital FUSSBALL aus der Box.
Viele Leser dieses Blogs sind enttäuscht, wenn wir ihnen erklären müssen, dass die Spiele ihrer Lieblingsvereine „nur“ aus der Box kommentiert werden (Beispiele: teilweise Freitagsspiele in der 1. Bundesliga bei DAZN oder fast alle Zweitligaspiele bei Sky). Magenta Sport arbeitet quasi gegen den negativen Trend und lässt alle Drittligapartien live aus dem Stadion kommentieren. Wie ist deine Meinung zum Kommentar aus der Box? Verstehst du auch den finanziellen Aspekt, der für die Sender ausschlaggebend ist?
Die Thematik muss immer aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Sky hat sich seit dieser Saison für die 2.Liga entschieden, dass, bis auf das Montagsspiel, fast alle Spiele aus der Box kommentiert werden. Vereine, die wieder zurück in die 3.Liga abgestiegen sind, freuen sich bei Magenta Sport wieder über größere Medienpräsenz. Bei Magdeburg wurde letztes Jahr kein Heimspiel live aus dem Stadion kommentiert, obwohl bei Sky jeden Spieltag drei Spiele aus dem Stadion kommentiert wurden. Das ist traurig und aus meiner Sicht dem Produkt nicht angemessen. Das hat aber ausschließlich finanzielle Gründe. Redaktionell würde niemand so entscheiden und behaupten, dass ihm der Kommentar aus der Box besser gefällt. Die diesjährige Änderung der Zweitligakonferenz bei Sky hat auch ausschließlich finanzielle Gründe. Für die Kollegen, die Fans und die Vereine ist das eine traurige Entwicklung. Es ist ja nicht so, dass die Spiele nicht live aus dem Stadion kommentiert werden können. Die Telekom zeigt es ja in der Dritten Liga, der Basktballbundesliga und der Deutschen Eishockeyliga. Und alle Seiten haben Bock auf das Ganze.
Im Endeffekt fressen die Rechte wohl soviel Geld, dass für die Produktion und das Personal nicht mehr genug Geld übrig ist. Ich weiß nicht, ob an dieser Stelle die Qualität auf der Strecke bleibt. Das kann und will ich nicht beurteilen.
Ich darf das ja sagen: Beim Kommentar aus der Box bleibt auf jeden Fall die Qualität auf der Strecke, weil du einige Sachen einfach nicht siehst.
Stimmt. Das kommt noch dazu. Im Stadion sehe ich quasi alles. Bei Magenta Sport haben wir ab und zu Situationen, auf die ich den Regisseur und die Kameramänner hinweisen kann. In Würzburg saß Frank Baumann mal in meiner Nähe. Wir haben ihn im Bild eingefangen und später ihn auch gefragt, wieso er sich das Spiel anschaut. Er wollte nicht recht reden. Vermutlich hat er sich aber einen jungen, aussichtsreichen Spieler angeschaut. Da kannst du eine Geschichte draus machen. Das fällt unter Umständen weg, wenn du die Spiele nicht von vorort produzierst. Ich kann nur hoffen, dass sich das demnächst vielleicht wieder in eine andere Richtung entwickelt.
Unser letzter Interviewgast Jogi Hebel kommentiert Premier League für Sky – ausschließlich aus der Box. Das finde ich persönlich auch nachvollziehbar. Wenn DAZN in der 1.Bundesliga, beispielsweise letzten oder auch kommenden Freitag, nur einen Field-Reporter für Interviews ins Stadion schickt, finde ich das mutig. Deine Einschätzung?!
Bei der Premier League geht das zu 100% in Ordnung. Wenn du in der 1.Bundesliga zu den Spielen nur einen Interviewer hinschickst, kann ich das nicht nachvollziehen.
Wir könnten das bei Magenta Sport genauso machen. Es wurde sich aber explizit dafür entschieden, dass man die 3.Liga ernst nimmt. Die Sender müssen auch das Privileg schätzen, dass man gewisse Spiele übertragen darf. Die Leute kaufen sich gezielt Magenta Sport, weil sie ihr Team aus der Dritten Liga sehen wollen. Das Feedback ist fast ausschließlich positiv. Und wenn du als Medienpartner der Liga bei Spielen niemanden im Stadion hast, geht das für mich nicht.
Nur für die work-life-balance ist ein Kommentar aus der Box auch mal angenehm…
Bestimmt. Letztens kommentierte ich Gladbach und ein Spiel für Magenta Sport. Gleichzeitig bin ich noch Social Media Manager mit einer normalen Arbeitswoche. Natürlich geht das auch mal an die Substanz. Für Sportjournalisten ist das Arbeit, aber wir rühren jetzt nicht um fünf Uhr morgens Zement an und bauen ein Haus.
Wolff Fuss kommentiert auch die Champions League-Knaller und dann am Sonntag mal Freiburg gegen Bremen. Wenn der da kein Bock drauf hätte, würde die Leute das auch merken. Im Zweifel bist du dann auch schnell weg vom Fenster. Der Beruf des Fußball-Kommentators ist nicht nur Beruf, sondern auch Berufung und ganz viel Leidenschaft. Leidenschaft, die ich besitze.
Leidenschaft, die du in Zukunft wo zeigen willst?
Lassen wir jetzt mal die Bundesliga außen vor. 2026 findet die Fußball-Weltmeisterschaft in den Kanada, Mexiko und hauptsächlich in den USA statt. Ich bin großer USA-Fan und war bereits in New York, Chicago, etc.. Irgendwie an dieser Weltmeisterschaft vor Ort teilnehmen zu können, ist mein größter beruflicher Traum. Von mir aus kaufe ich dem Kommentator als sein Assistent auch in der Halbzeit einen HotDog. Die Teilnahme an dieser WM ist ein Ziel, dass ich so ein bissschen vor Augen habe. Aber: Da kannst du arbeiten so gut und viel du willst. Du brauchst einfach auch ein bisschen Glück. Dennoch denke ich, dass mein genau solche Träume im Leben haben muss.
Klingt nach einem spannenden Ziel. Im ersten Teil des Interviews habe ich den Wunsch von dir zitiert, dass du gerne mal Bundesligaspiele kommentieren willst. Ganz plakativ deshalb : Wo sieht sich Christian Straßburger beruflich in 10 Jahren?
Wenn in 10 Jahren noch alles so läuft wie heute, dann wäre ich sehr zufrieden. Im Moment bin ich mit mir absolut im Reinen. Früher war ich so verbissen. Dies wirkte am Anfang meiner Laufbahn meist arrogant. Im Praktikum bei LigaTotal habe ich denen erzählt, dass ich einmal der beste Sportreporter der Welt werden will.
Das kommt in Sportredaktionen im Zweifel nicht so gut an.
In der Tat. Carsten Ruppel, der damalige Ressortleiter LIGA total!, war damals glaube ich „not amused“ darüber. Also an der Stelle: Ich habe aus meinen Fehlern gelernt und musste auch viele machen, um meinen beruflichen Status quo zu erreichen. Ich bekomme so viel positives Feedback auf Social Media – zuletzt die Sache mit den O-Ton Charts bei 1Live. Das ist für mich einfach die absolute Sensation. Ich ruhe mich darauf nicht aus, sondern gebe weiter Gas. Ich hoffe, dass wir mit Magenta Sport noch viel erreichen können.
Vielleicht ergibt sich ja etwas bei der nächsten Rechteverteilung.
Genau. Vielleicht kommt ein neues Recht dazu. Vielleicht fällt auch etwas weg. Das TV-Geschäft, insbesondere im Bezug auf Fußballübertragungen, ist so schnelllebig geworden. Auf einmal sind die Rechte weg und mit ihnen dein Arbeitsplatz. Dessen bin ich mir bewusst und genieße einfach das Hier und Jetzt.
Und erleben wir mal Christian Straßburger als Kommentator bei anderen Sportarten? Magenta Sport, mit den Übertragungen der DEL und der BBL, wäre ja auch hier die richtige Adresse.
Wir haben so viele tolle Kollegen beim Eishockey und Basketball – da muss ich mich nicht noch aufdrängen. Ich habe nur immer gesagt, dass ich prädesziniert für Basketball wäre. Früher habe ich mir immer nach dem Doppelpass auf DSF die Basketballbundesliga angeschaut und war auch mehrmals bei den Telekom Baskets Bonn in der Arena. Irgendwann habe ich das Wissen leider nicht weiter vertieft. Mir würden viele Hintergundinformationen, die ich beim Fußball besitze, einfach fehlen. Aber einmal zu rufen, dass Spieler X vom Parkplatz trifft, das wäre überragend.
Christian, ich bedanke für mich das Gespräch und hätte nichts mehr zu sagen.
Eine Sache will ich noch loswerden. Seit Ewigkeiten lese ich den Kommentatorenblog und bin Fan dieser Seite. Als ich das erste Mal selber im Blog aufgetaucht bin, – wahrscheinlich mit der Partie Preußen Münster gegen SV Werder Bremen II – habe ich das als große Ehre empfunden. Irgendwo auf meinem Handy habe ich auch noch einen Screenshot davon. Ich finde es einfach klasse, was und wie ihr das macht. Und man merkt einfach, wie viel Mühe ihr euch gibt.
Vielen, vielen Dank. Das Lob nehme ich stellvertretend für alle an, die an diesem Blog beteiligt sind oder waren.
Dieses Gespräch führte Leon Geis.
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